Extremadura und Portugal

Korkeichen, Hitze und einsame Straßen

zurück zur 12. Etappe

13. Etappe (Samstag 21.06.2003):
Alcántara - Membrio - Valencia de Alcántara - Portagem - Portalegre
(Distanz 110 km, Fahrzeit 7 Stunden)

13. Etappe: Alcántara - Portalegre

Nach dieser grauseligen Nacht verlasse ich den unwirtlichen Ort mit dem ersten Tageslicht. So früh war ich noch nie auf der Piste! Bloß schnell weg hier aus diesem Backofen! Das tiefe Tal des Tajo trennt mich von der Steppe von Cáceres, zum dritten und letzten Mal geht es für mich nun über die alte Römerbrücke.

Der Anstieg nach Alcántara ist in der Frühe noch erträglich. In der relativen Kühle des frühen Morgen sehe ich im Kaff doch deutlich mehr Menschen als in der Hitze des gestrigen Tages. Direkt hinter Alcántara beginnt die endlos weite offene Steppe von Cáceres. Am Horizont kann ich in 60 km Entfernung gut die auf einem Hügel liegenden Stadt Cáceres erkennen. Kein Baum und kein Strauch begrenzen die Sicht. Am Weg liegen einigen kleinere Stauseen, die von vielen Anglern umlagert sind. Wo kommen die bloß alle her in dieser einsamen Gegend?

An der Abzweigung nach Mombrio signalisiert mir ein Schild eindeutig, dass die Strasse gesperrt ist. Die Umfahrung der Baustelle erfordert einen Umweg von 30 km! Mit dem Auto ist das sicherlich kein allzu großes Problem. Aber ich will heute noch in das über 100 km entfernte Portalegre, da kann ich mir keine 30 km Umweg leisten! Ein zufällig vorbeikommender Spanier klärt mich auf, dass die Strasse neu gebaut wird, und dass die Baustelle für mich und mein Fahrrad kein Problem darstellen würde. Das war genau, was ich hören wollte, und so zögere ich nicht lange.

Es folgt die einsamste Etappe meiner Tour. Auf 30 km treffe ich in dieser eindrucksvollen Steppenlandschaft keine Menschenseele. Ein paar Rinder verlieren sich in der Weite der Landschaft. Abermillionen von Heuschrecken sind schlichtweg überall! Die Strasse ich dicht an dicht mit den Schrecken übersäht, die vor meinem Vorderrad in dichten Wolken aufspringen. Dass Heuschrecken auch nahrhaft sein können, erlebe ich kurze Zeit später. Direkt neben der Strasse treibt eine Gruppe von etwa 40 Störchen Heerscharen von Schrecken zusammen und frühstückt ausgiebig. Leider mögen sie mich nicht und verschwinden sobald sie mich sehen. Das ist schon verrückt: der nächste Kirchturm oder die Brutplätze in Malpartida sind mindestens 50 km entfernt von hier. Da treffen sich hier in der Pampa fernab von allem 40 Störche und zelebrieren ein üppiges Frühstück. In der Weite der Steppe soll es auch noch stabile Populationen der Grosstrappe geben. Gesehen habe ich allerdings keine einzige.

Es fährt sich gut, und ich komme flott voran. Kurz bevor ich im Tal den Rio Salor erreiche, ist die Strasse in der Tat aufgerissen und umgewühlt. Ein hoher Schotterhaufen blockiert die Weiterfahrt. Gut gemacht, da kommt wirklich kein Schwein mehr dran vorbei! Mir bleibt nichts anderes übrig als mein Gepäck abzuladen und alles in Einzelteilen über den Riesenhaufen zu tragen. Aber auch diese Hürde ist bald umschifft. Dafür konnte ich zwei Stunden lang unbehelligt von störenden Autos diese grandiose Landschaft genießen.

Hinter dem Rio Salor ist die Neubaumassnahme bereits abgeschlossen, und ein breiter EU-finanzierter Highway pflügt durch die Dehesas. Leider gibt's in Membrio nichts zu futtern, so mache ich nur kurz Kaffeepause und radle dann weiter in Richtung Portugal. Am Horizont taucht in der Ferne die Serra de São Mamede auf. Bis dorthin fahre ich durch eine weite einsame Landschaft, in der der spanische Kaiseradler seinen Lebensraum hat. Die EU finanziert zum Glück nicht nur Strassen, sondern hat hier auch einige Euro in die ökologische Verbesserung des Lebensraumes für den Kaiseradler investiert.

Das Festungsdorf Marvão

Meditativ entrückt "schwebe" ich durch diese Landschaft, als mich urplötzlich ein rhythmisches Klack - Klack - Klack in die Wirklichkeit zurückholt. Da steckt mitten im Vorderrad ein dicker fetter Nagel, Volltreffer! Da der Nagel da nicht hinein gehört, ziehe ich ihn mit einem Ruck raus, was aber sogleich mit einem unmissverständlichen "pfffft" quittiert wird. Bingo, der erste Plattfuß! Zum Glück steht nicht weit entfernt ein Olivenbaum. Dort repariere ich im Schatten den Platten.

Gegen Mittag erreiche ich Valencia und frühstücke erstmal ausgiebig. Das Städtchen gefällt mir gut, welche Wohltat im Vergleich zu Alcántara! Portugal ist nun in greifbare Nähe gerückt. Direkt hinter der Grenze beginnt der Naturpark Serra da São Mamede. Die Landschaft hat sich vollständig geändert. Ich befinde mich nun wieder in rund 800 m Höhe, die Dehesas sind Kiefern gewichen, Berge und Felsen dominieren das Bild, die Hitze ist hier oben nicht mehr so heftig. Kurz hinter der Grenze taucht die hohe Bergkuppe auf, auf deren Spitze spektakulär der Ort Marvão mit seinem großen Kastell liegt.

Ich erreiche Portagem am Fusse von Marvão. Ab hier ist deutlich mehr Verkehr auf der Strasse als noch in Spanien. Die weitere Strecke bis Portalegre führt waldreich über die Hügel. Landschaftlich ist das sehr schön, aber auf der schmalen Strasse ist bei den portugiesischen Teufelsfahrern Vorsicht geboten.

Portalegre liegt schön am Südhang der Serra über der Ebene des Alentejo. Der Campingplatz liegt mal wieder hoch oben über der Stadt in der Serra. Zu guter Letzt geht es also noch mal unverhofft fünf steile Kilometer aufwärts. Das schlaucht! Positiv denken: die Aussicht ist phänomenal und das Klima auch! Nur leider liegt der Supermarkt fünf Kilometer weiter unten. Der Campingplatz ist toll, es gibt reichlich Schatten und viel Ruhe. Neben dem Campingplatz gibt's direkt an der Hangkante ein Freibad mit Superausblick auf Portalegre.


weiter zum Ruhetag