Extremadura und Portugal

Korkeichen, Hitze und einsame Straßen

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18. Etappe (Freitag 27.06.2003):
Outão - Portinho da Arrabida - Serra da Arrabida - Sesimbra
(Distanz 45 km, Fahrzeit 3,5 Stunden)

18. Etappe: Outão - Sesimbra

Über Nacht hat der Wind zum Glück nachgelassen. Am Morgen ist die Welt wieder verhältnismäßig in Ordnung, vom grauseligen Ambiente des Campinglatzes mal ganz abgesehen. Meine Sachen habe ich schnell zusammengepackt, heute steht nur eine kleine Lustreise auf dem Programm. Bis Sesimbra ist es nicht allzu weit, und der hoch aus dem Meer aufragende Bergrücken der Serra da Arrabida verspricht eine spannende und aussichtsreiche Etappe.

Freud und Leid liegen dicht beieinander. Ich habe soeben das riesige Zementwerk hinter mir gelassen, das heftige Wunden in der Landschaft hinterlassen hat. Ein paar Kurven weiter öffnen sich die schönsten Strände am Fuße der Serra. Die sind zwar auch nicht mehr ganz jungfräulich, aber die Szenerie ist stimmig: weite Buchten mit feinem Sand, glasklares Wasser, ein paar kleine Badeorte mit dümpelnden Booten und über allem thront steil aufragend die 500 m hohe Serra mit dichtem Wald. Auf halber Höhe leuchtet im Morgenlicht eine große Klosteranlage strahlend weiß aus dem grünen Hang. Ein paar Reisebusse mit Schulkindern sind auf dem Weg zu den Stränden, sonst ist nicht viel los. Hier macht Radeln wieder uneingeschränkt Spaß.

Kaum habe ich den letzten Strand hinter mir gelassen, als sich das Sträßchen von der Küste abwendet und unvermittelt an Steigung zulegt. In engen äußerst steilen Kurven windet sich die Strasse empor. Das ist grenzwertig! Die Steigung beträgt geschätzt etwa 16 - 18 %. Das ganze dauert allerdings kaum länger als einen Kilometer, dann habe ich den Sattel erreicht. Hier muss ich mich entscheiden: Entweder auf direktem Weg weiter westwärts nach Sesimbra oder hinauf auf die Höhenstrasse in Richtung Setúbal. Ich muss nicht lange überlegen, ich habe reichlich Zeit und die Aussicht von oben lockt.

Bucht an der Serra da Arrabida

Also genehmige ich mir den Abstecher, der sich zu einer der schönsten Etappen der Tour entpuppen wird. Zunächst führt die Strasse auf halber Höhe über dem Meer ohne große Steigung gen Osten zurück. Nach einer Weile erreiche ich das schneeweiße ehemalige Kloster, welches mir schon von der Küste aufgefallen war. Das Convent befindet sich im Privatbesitz und kann daher leider nicht besucht werden. Einen besseren Platz, um von der Welt abgerückt dem Himmel nahe zu sein, kann ich mir hier kaum vorstellen.

Hinter dem Kloster geht es noch mal heftig zur Sache, die Strasse zieht sich steil den Hang hinauf und erreicht schließlich den Hauptkamm der Serra. Die Aussicht ist schlichtweg phänomenal: weit schweift der Blick von der fernen Tróia Halbinsel über die Strände der Serra und die grünen Hänge. Nach Norden reicht der Blick über Lissabon bis hinüber zur fernen Serra da Sintra. Ich geniesse lange die Aussicht und radele langsam auf der Höhenstrasse ostwärts bis zum Sendeturm. Dort endet die Höhenstrasse und führt abwärts in Richtung Setúbal.

Da ich dort nicht hin möchte, kehre ich um, um nach Sesimbra zu gelangen. Es folgt eine rauschende Abfahrt, die Hafenstadt habe ich schnell erreicht. Gegen Mittag bin ich am Campingplatz, der versteckt über dem westlichen Ende des Fischereihafens liegt und viel Schatten bietet.

Sesimbra hat offenbar eine starke Anziehungskraft auf Menschen aus Lissabon, die gerne zum Wochenendausflug hierher kommen. Die Stadt hat alles, was ein Badeort braucht: Badestrände, Restaurants, Kneipen, Freizeithafen und natürlich einige große Hotels. Die sind nicht immer unbedingt schonend in die Landschaft integriert, sondern dominieren Teile der Steilküste, der Tribut an den "modernen" Lebensstil. Hoch über allem thront, wie kann es anders sein, das alte Castelo. Der Ort gefällt mir, hier bleibe ich gerne einen Tag!


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